Erinnerungskultur Stolpersteine
Der Kölner Künstler Gunter Demnig erinnert durch sogenannte Stolpersteine an Opfer der NS-Gewaltherrschaft. Hierbei handelt es sich um zehn mal zehn Zentimeter große Messingquadrate mit Namen und Lebensdaten von Opfern der NS-Zeit. Sie werden vor dem letzten selbst gewählten Wohnsitz der Opfer in den Boden eingelassen. Inzwischen liegen über 60.000 Stolpersteine in über 1.100 Orten Deutschlands und in mehreren Ländern Europas.
In Erkrath verlegte Demnig im Januar 2007 die ersten vier Stolpersteine. Ihre feierliche Einweihung erfolgte am 28.01.2007, in zeitlicher Nähe zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus an jedem 27. Januar. Die Stolpersteine erinnern an Bertha Mayer, Otto Lukat, Emil Schmidt und die alten und behinderten Frauen aus dem Sankt Josefs Kloster.
Am 06.02.2012 wurde für Peter Hupertz der fünfte Stein symbolisch verlegt, da es wegen der Minustemperaturen nicht möglich war, den Boden aufzustemmen. Die endgültige Verlegung erfolgte am 28.03.2012. Der sechste Stolperstein wurde am 10.07.2017 vor dem Haus Sedentaler Straße 18 verlegt, wo sich ein Kriegsgefangenenlager befunden hatte. Er erinnert an den polnischen Kriegsgefangenen Tomasz Brzostowicz , der auf einem Hof in Hochdahl Zwangsarbeit verrichten musste.
Die Erkrather Stolpersteine sind zusammen mit rund 16.000 weiteren Gedenksteinen in ganz Nordrhein-Westfalen in der WDR-App »Stolpersteine NRW - Gegen das Vergessen« erfasst und auch digital mit Texten, Fotos, Audios und Illustrationen zugänglich.
Bertha Mayer
Bertha Mayer kam am 20.11.1864 in Erkrath zur Welt. Ihr Vater, Samuel Mayer, war Viehhändler und Besitzer der Metzgerei auf der Bahnstraße 58. Mit ihren Eltern und Geschwistern wohnte Bertha in diesem Haus. Nach Beendigung der Schule half sie im Laden des Vaters.
Ihre Schwester Adele übernahm mit ihrem Mann Louis Elias die Metzgerei. Wieder wurde Berthas Hilfe gebraucht. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bekamen die jüdischen Familien den Hass der neuen Herrscher zu spüren.
Louis und Adele Elias verkauften das Geschäft und bezogen zusammen mit Bertha, ihrem Sohn Hermann und dessen Frau Grete Elias die Wohnung auf der Düsselstraße 13 (damals Franz-Seldte-Straße). Hermann Elias emigrierte 1937 mit Frau und Kindern in die USA. Am 10.11.1938, nach der Reichspogromnacht, verwüsteten SA-Leute die Wohnung der Familie Elias.
Im April 1941 starb Louis Elias. Seine Frau verstarb vier Monate später. Bertha blieb allein zurück. Auf Anweisung des Reichssicherheitshauptamtes verfügten Gestapo, Finanzamt und Landrat den „Vermögensverfall“ des Hauses Düsselstraße 13. Bertha Mayer beanspruchte vergeblich ihr lebenslanges Niesbrauchrecht am Besitz ihres Neffen. Die 77-Jährige musste nach Düsseldorf in ein Altersheim ziehen. Von dort aus wurde sie am 21.07.1942 nach Theresienstadt deportiert. Sie starb dort am 14.12.1942 an Krankheit oder Erschöpfung oder Hunger.
Otto Lukat
Otto Lukat wurde am 28.08.1904 in Jodringkehnen, einem Hundert-Seelen-Dorf im früheren Ostpreußen, geboren. Die Kreisstadt Stallupönen, zu der das Dorf gehörte, heißt heute Nesterov, gehört zu Russland und liegt 150 Kilometer östlich Königsberg.
Otto Lukat verließ 1925 aufgrund der ärmlichen Verhältnisse, welche damals in Ostpreußen vorherrschten, sein Heimatdorf und fand in Düsseldorf Arbeit als Maurer. 1926 wurde er Mitglied der KPD. 1928 heiratete er die Erkratherin Emma Liß und zog mit ihr nach Erkrath zum Rathelbecker Weg 17. Ein Sohn wurde geboren.
Am 17.03.1933 verhaftete die Ortspolizei Erkrath siebzehn Kommunisten aus Erkrath unter dem Vorwand, sie hätten einen SA-Mann überfallen. Zu ihnen gehörte Otto Lukat. Am 08.05.1933 wurde die „Schutzhaft“ „wegen der Mordsache Hilmer“ in Untersuchungshaft umgewandelt. Bei einer Schießerei in Erkrath am Rathelbecker Weg war am 20.06.1932 der SS-Scharführer Kurt Hilmer getötet worden.
1933 fand der Prozess „wegen der Mordsache Hilmer“ vor dem Düsseldorfer Landgericht statt. Am 07.09.1933 wurden neun Kommunisten zum Tode verurteilt. Otto Lukat erhielt „wegen Mordversuchs“ 15 Jahre Zuchthaus.
Im Revisionsverfahren verurteilte das Reichsgericht Leipzig auf Antrag des Staatsanwalts Lukat jedoch zum Tode.
Otto Lukat, 29 Jahre alt, wurde am 27.03.1934, morgens um 05:30 Uhr auf dem Hof des Gefängnisses Ulmenstraße in Düsseldorf enthauptet.
Emil Schmidt
Emil Schmidt wurde am 20.01.1884 in Elberfeld geboren. Er hatte sieben Geschwister. Emil absolvierte eine Dreherlehre und leistete nach kurzer Berufstätigkeit von 1906 bis 1908 seinen Wehrdienst in einem Infanterieregiment ab. 1910 heiratete er Wilhelmine Spinnrock. Tochter Else und Sohn Emil Adolf wurden geboren.
Im Jahre 1914 eröffnete Dr. Werner, Direktor von F & G Jäger Elberfeld, in Erkrath das Stahlwerk Werner. Dr. Werner nahm Emil Schmidt mit nach Erkrath. Die Familie bezog die Wohnung Rathelbecker Weg 1 (heute Schlüterstraße 1 a).
1917 gründete sich die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), eine sozialistische Partei, die aus einer Gruppe von SPD-Abgeordneten im Reichstag hervorging, die sich seit dem August 1914 immer offener gegen die Unterstützung des Ersten Weltkriegs und die Burgfriedenspolitik durch ihre Partei Stellung nahmen.
Emil Schmidt trat 1918 der USPD bei. Als ein Teil dieser Partei sich 1920 der KPD anschloss, gehörte er dazu. Schmidt übernahm die Leitung der KPD-Ortsgruppe Erkrath und wurde 1924 in den Gemeinderat gewählt. Zu dieser Zeit war die KPD die zweitstärkste Partei in Erkrath.
Die erstarkenden Nationalsozialisten waren erbitterte Gegner der Kommunisten, und Saal- und Straßenschlachten zwischen ihren jeweiligen Anhängern gehörten in den 1930er Jahren zum politischen Leben.
Bei einer Schießerei am Rathelbecker Weg wurde am 20.06.1932 der SS-Scharführer Kurt Hilmer getötet. Das war der Anlass für erste Festnahmen und Vernehmungen, die jedoch ohne Ergebnis blieben.
Nach der so genannten Machtergreifung verhaftete die Polizei in Erkrath 32 Kommunisten, darunter auch Emil Schmidt. Im September 1933 fand der Prozess vor dem Düsseldorfer Landgericht statt. Neun Angeklagte wurden zum Tode verurteilt, unter ihnen Emil Schmidt. Bei der Schießerei am 20.06.1932 war er nachweislich weder am Tatort anwesend gewesen, noch hatte er geschossen.
Emil Schmidt wurde am 27.03.1934 um 05:30 Uhr auf dem Hof des Gefängnisses Ulmenstraße in Düsseldorf enthauptet.
Alte und behinderte Frauen aus dem Sankt Josefs Kloster
Es waren alte und behinderte Frauen, die von den Armen Dienstmägden Jesu Christi, nach ihrem Gründungsort auch Dernbacher Schwestern genannt, im Sankt-Josefs-Kloster versorgt wurden.
„1941. Im Laufe des Sommers holte man unsere Geisteskranken aus kriegswichtigen Gründen zur Anstalt Grafenberg zurück.“ heißt es in der Chronik der Dernbacher Schwestern.
Der kurzeText verbirgt eine Tragödie. Auf Anweisung Hitlers wurde seit April 1941 die so genannte „Vernichtung unbrauchbarer Deutscher“ durchgeführt. Im Rheinland fielen dieser Aktion (Bezeichnung Aktion T-4, später Brandt) innerhalb der ersten fünf Monate 1.951 Patienten zum Opfer. Aus Düsseldorf-Grafenberg und anderen Anstalten des nördlichen Rheinlands wurden die Patienten in weitere Anstalten verlegt. Von diesen gingen Transporte in Tötungsanstalten: Hadamar, Pfaffenrode oder Alttscherbitz in Sachsen oder Erlangen, Galkhausen, Lintorf oder Meseritz bei Obrawalde. Die hilflosen Menschen wurden vergast oder zu Tode gespritzt oder man ließ sie einfach verhungern.
An den Abtransport der behinderten alten Frauen in Erkrath erinnerte sich eine frühere Kindergärtnerin. Sie sah, wie der große graue Bus der Gemeinnützige Krankentransport GmbH (GEKRAT) vorfuhr und wie die Frauen aus dem Kloster geholt und hineingeschoben wurden. Alle weinten bitterlich und viele wehrten sich. Die Schwestern standen mit hängenden Armen dabei. Sie wussten wohl, dass sie ihre Schützlinge nicht wiedersehen würden. Nach einer Weile kamen die Nachrichten wie „an Lungenentzündung verstorben“, „an Herzstillstand verstorben“ oder andere Lügen.
Die Anzahl der abtransportierten Frauen ist nicht bekannt. Es gibt nur eine Zahl von 1937: Im Altenheim des Klosters befanden sich 66 alte, teils geisteskranke Leute.
Ebenso wenig kennen wir die Namen. Die Aufzeichnung hätte für die Klosterfrauen selbst eine Gefahr bedeutet.
Peter Hupertz
Peter Hupertz stammte aus einer Erkrather Familie. Peter war das vierte von insgesamt acht Kindern seiner Eltern Anton Hupertz und Hubertine geb. Jansen. Er kam am 07.07.1897 in Erkrath zur Welt. Die Familie wohnte am Rathelbecker Weg 11.
Im Alter von 14 Jahren begann Hupertz eine Lehre als Dreher in Düsseldorf. Er arbeitete nach der Lehrzeit in Düsseldorf und beim Stahlwerk Werner in Erkrath. Er blieb ledig und wohnte bis zuletzt bei seinen Eltern.
Von seinem Arbeitsplatz beim Stahlwerk Werner aus wurde Peter Hupertz im Oktober 1916 einberufen. Als Soldat im Jäger Bataillon 21 kämpfte Hupertz auf dem russisch-italienischen Kriegsschauplatz und wurde mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse ausgezeichnet. Im Lazarett in Kattowitz stellte man eine schwere Malaria-Erkrankung fest. Zusätzlich erlitt er gegen Ende des Krieges noch eine Gasvergiftung, die ihn dauerhaft krank machte. Er blieb für den Rest seines Lebens ein schwacher und kranker Mann, der zu häufigen Arbeitspausen und Heilstättenbesuchen gezwungen war. Trotzdem arbeitete Hupertz, wann immer er dazu in der Lage war, bei den Erkrather Firmen Schwemann, der Maschinen- und Apparatebau (MAE) und dem Stahlwerk Werner.
Hupertz wurde 1931 Mitglied der Revolutionären Gewerkschafts-Opposition (RGO, die 1929/30 gegründete kommunistische Gewerkschaft) und der Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).
Im Frühjahr lernte er den Kommunisten Weidenbruch kennen. Gemeinsam beschlossen die beiden Arbeitslosen, ein Angebot anzunehmen, nach Russland zu gehen und dort zu arbeiten. Aber Hupertz fuhr nicht dorthin, weil Weidenbruch ihm davon abgeraten hatte. Peter Hupertz verdiente mit kleineren Arbeiten, wie Türen streichen oder Schuhe besohlen, ein bisschen Geld, wurde aber bald wieder krank. Am 02.05.1933 kam er in die Heilstätte Holsterhausen vor den Toren der Stadt Essen, die auf die Behandlung von Patienten mit Lungenerkrankungen spezialisiert war. Zwei Tage später verhaftete ihn dort die Gestapo.
Als sich auch in Erkrath die politische Lage und besonders die Gegensätze zwischen KPD und NSDAP zuspitzten, wurde Peter Hupertz zum ersten Mal aktenkundig, als er im Laufe einer Schlägerei zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten eine blutende Gesichtswunde davontrug.
Im Verlaufe weiterer Auseinandersetzungen wurde am 20.06.1932 der SS-Scharführer Kurt Hilmer bei einer Schießerei in Erkrath am Rathelbecker Weg getötet. Die ersten Ermittlungen, die von der Düsseldorfer Kriminalpolizei durchgeführt wurden, blieben erfolglos. Trotzdem nahm die Polizei Anfang August nach einem Hinweis mehrere Tatverdächtige fest, musste sie jedoch Ende September 1932 wegen mangelnder Beweise wieder freilassen.
Erst nach dem Aufbau der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der Fall wieder relevant. Am 06.05.1933 erging der amtsrichterliche Haftbefehl gegen Emil Schmidt, Otto Lukat und Peter Hupertz aus Erkrath sowie gegen weitere Beschuldigte aus Gerresheim.
Am 06.05.1933 wurde Hupertz in das Gefängnis Ulmenstraße eingeliefert.
Der katholische Pfarrer Peter Mohnen aus Erkrath setzte sich für ihn ein. Er schrieb, dass Peter Hupertz bei den Eltern wohne, dass die Hupertz’ brave fleißige Leute seien und dass sie ein eigenes Haus und einen gepachteten Garten besäßen. Der Richter beschrieb den Häftling dagegen als einen primitiven, geltungsbedürftigen Menschen, der zwar kein Verbrechertyp sei, aber zum Trunke neige.
Im Laufe der Vernehmungen im Polizeipräsidium Düsseldorf wurde Peter Hupertz misshandelt. Ein Mithäftling gab 1945 zu Protokoll, er habe Hupertz bei einer Begegnung im Flur des Polizeipräsidiums nicht erkannt, weil dieser so entstellt gewesen sei.
Es kam zum Prozess „wegen der Mordsache Hilmer“ vor dem Düsseldorfer Landgericht. Am 07.09.1933 wurden neun Kommunisten „wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes und Mordversuchs“ zum Tode verurteilt, darunter Peter Hupertz, obwohl er in seinem handgeschriebenen Lebenslauf äußerst genau bewiesen hatte, dass er nicht am Tatort war, als die Schüsse fielen. In einem Revisionsverfahren vor dem Reichsgericht in Leipzig am 18. Dezember 1933 wurde dieses Urteil bestätigt und ein Wiederaufnahmeantrag abgelehnt.
Peter Hupertz wurde am 27.03.1934, um 05:30 Uhr im Gerichtsgefängnis an der Ulmenstraße in Düsseldorf mit dem Beil hingerichtet.
Hupertz wurde nur 36 Jahre alt. Er hatte sich nachweislich nicht am Tatort aufgehalten und hatte nachweislich nicht geschossen.
Tomasz Brzostowicz
Tomasz Brzostowicz wurde im Jahre 1911 in Polen in einem kleinen Dorf nordöstlich Posen geboren.
Mit 28 Jahren wurde er zum Wehrdienst einberufen. Zwei Monate später, am 01.01.1939, überfiel Hitler Polen. Der Krieg begann. Tomasz wurde an der Grenze zu Deutschland eingesetzt. 19 Tage nach Beginn des Krieges wurde er gefangen genommen. Er wurde zum Stammlager Fallingbostel transportiert und kam danach nach Trills. Die polnischen Kriegsgefangenen sollten als Arbeitskräfte in der Industrie oder in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Das war nicht unumstritten. Die Polen galten als „Untermenschen“.
In Trills stand das Haus Püttbach, eine altbekannte Gaststätte. Dort waren die Kriegsgefangenen untergebracht. Für die Ausstattung musste der Bauer sorgen, der den Gefangenen anforderte. Jeder bekam einen Sack Stroh, zwei Decken, einen Löffel, einen Trinkbecher, ein Handtuch.
Die Bäuerin Charlotte Spiecker vom Hof Hausmanns forderte Tomasz an für die Arbeit auf dem Feld, im Stall, auf dem Baumhof. Sie forderte auch ein Mädchen an, die Arbeitsdienstmaid Maria aus Oberhausen. Sie war 20 Jahre alt. Von der Unterkunft in der Villa Boeddinghaus musste sie jeden Tag den langen Weg bis zum Hof Hausmanns zu Fuß laufen.
Tomasz und Maria begegneten sich gelegentlich. Zwischen den beiden entwickelte sich eine kurzzeitige Liebesgeschichte: Am 10.06.1940 bearbeitete Tomasz mit den Pferden und einer Walze das Feld nordwestlich des Millrather Wäldchens. Maria brachte ihm das Frühstück. Was sich dann zutrug, wissen nur die beiden. Maria erzählte am Abend im Arbeitsdienstlager ihrer Freundin „unter dem Siegel der tiefsten Verschwiegenheit“, es sei „ein Unglück“ passiert. Sie sprach von einem „Vorfall“. Blitzschnell machte Geschichte im Lager die Runde. Die Lagerleiterin machte bei der Staatspolizeileitstelle Düsseldorf Meldung und die Inquisition wurde in Gang gebracht.
Am 03.07.1940 wurde Maria festgenommen und am 02.08.1940 in Schutzhaft überführt. Die tagelangen Verhöre begannen. Den Vernehmungsakten ist zu entnehmen, dass sich die Verhöre, wie die „peinliche Befragung“ der „Hexen“ im Mittelalter aussahen. Denn die intimen Einzelheiten, die Maria schilderte, hätte ein junges Mädchen zu dieser Zeit niemals ausgesprochen. Ich vermute, dass die Polizeibeamten die Begebenheiten „herausfragten“. Sie schilderte den „Geschlechtsverkehr“.
Maria erhielt daraufhin zwei Jahre Zuchthaus. Die Begründung lautete: „Denn der Geschlechtsverkehr einer deutschen Frau bzw. eines deutschen Mädels mit einem Kriegsgefangenen widerspricht in einer kaum zu überbietenden Weise dem gesunden Volksempfinden.“
Tomasz wurde am 04.07.1940 verhaftet. Er bestritt den Geschlechtsverkehr. Und blieb dabei bei allen weiteren Vernehmungen. Er kannte das Merkblatt für polnische Zivilarbeiter und Zivilarbeiterinnen und Gefangene: „Wer mit einer deutschen Frau oder einem deutschen Mann geschlechtlich verkehrt, oder sich ihnen sonst unsittlich nähert, wird mit dem Tode bestraft.“
Tomasz wird aus Kriegsgefangenschaft entlassen, charakterlich beurteilt, rassenbiologisch untersucht und nach Düsseldorf geschafft.
Am 18.01.1941 schickt der Reichführer SS, Heinrich Himmler ein Telegramm an die Gestapo Düsseldorf: „Der Reichsführer SS UND CHEF DER DEUTSCHEN POLIZEI HAT ENTSCHIEDEN, DASS DER POLE BRZOSTOWICZ, 12.12.11 in Grünhof geboren, in der Nähe des Tatorts zu hängen ist...“
Am Morgen des 28.06.1941 werden alle Kriegsgefangenen aus Hochdahl, Erkrath, Hilden, Gruiten und Haan - es waren 145 - in das Wäldchen am Hausmannsweg getrieben. Sie wurde gezwungen, zuzusehen.
Tomasz Brzostowicz, 29 Jahre alt und unschuldig, wird im Millrather Wäldchen erhängt.
Die Gestapo teilte Ludwig Brostowicz, dem Vater, mit, dass sein Sohn hingerichtet wurde.
Er wurde eingeäschert und die Urne sollte in die Heimat von Tomasz geschickt werden. Aber in einem Schreiben vom 27.08.1941 heißt es: „Urne und Asche wurden beseitigt.“
Nicht einmal die letzte Ehre gewährten die Nationalsozialisten Tomasz.
Erinnerungskultur
Die Erkrather Stolpersteine gerieten nach ihrer Verlegung nicht in Vergessenheit. Erstmals wurde im Jahre 2013 am Jahrestag der Hinrichtung von Emil Schmidt, Otto Lukat und Peter Hupertz auf Anregung von Stolperstein-Pate Uwe Koopmann und Waltraud Servos, der Enkelin des ermordeten Emil Schmidt, eine Reinigungsaktion, die gleichzeitig mit einem kurzen Gedenken an jedem Stolperstein verbunden war durchgeführt.
Bürgermeister Christoph Schultz initiierte im Jahre 2016 eine jährlich stattfindende Reinigungsaktion mit Erinnerungsrundgang an allen Erkrather Stolpersteinen. Sie findet jeweils an einem Termin um den 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, statt.